Skip to main content Skip to search Skip to main navigation

Menu

Die DIN 4108 – das unsichtbare Fundament der Wärmewende

Die Wärmewende ist nicht nur eine Frage neuer Heizsysteme – sie beginnt in der Gebäudehülle. Für Planer, Bauherren und Handwerker ist die DIN 4108 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden“ deshalb unverzichtbar. Diese Normenreihe bildet das technische Rückgrat des deutschen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und damit die Grundlage für energieeffizientes Bauen und Sanieren.

Ein Stück Baugeschichte mit Zukunft

Seit ihrer ersten Veröffentlichung im Jahr 1952 begleitet die DIN 4108 die Entwicklung des energiesparenden Bauens. Heute – über 70 Jahre später – ist sie aktueller denn je. Sie definiert, wie gut ein Gebäude seine Wärme halten muss, um Energieverluste zu vermeiden, Bauschäden zu verhindern und ein gesundes Raumklima sicherzustellen.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), zuletzt 2024 novelliert, verweist in mehreren Paragraphen direkt auf die DIN 4108. Ohne sie wären die gesetzlichen Nachweise für Neubau und Sanierung gar nicht möglich. Damit ist klar: Die Wärmewende ruht auf einem Fundament aus Normen.

Mindestschutz allein reicht nicht mehr

Die DIN 4108-2 legt die Mindestanforderungen an den Wärmeschutz fest – vor allem, um Feuchteschäden und Schimmelbildung zu verhindern. Sie verlangt einen Wärmedurchlasswiderstand von R ≥ 1,2 m²K/W, was einem U-Wert ≤ 0,83 W/m²K entspricht.

Doch das ist nur die Basis. Das GEG fordert deutlich mehr: Wer heute Dach, Fassade oder Fenster saniert, muss sich an die strengen Grenzwerte der Anlage 7 GEG halten – zum Beispiel

  • 0,24 W/m²K für Dächer
  • 0,20–0,28 W/m²K für Außenwände,
  • 1,3 W/m²K für Fenster bzw. 1, W/m²K für Dachflächenfenster


Diese Werte zeigen: Die Wärmewende findet nicht nur im Heizungskeller statt, sondern in jeder Wand, jeder Dämmung, jedem Detail.

Sommerlicher Wärmeschutz – das unterschätzte Thema

Was früher kaum beachtet wurde, ist heute ein wachsendes Problem: die Überhitzung im Sommer. Auch das regelt die DIN 4108. Nach Abschnitt 8 der DIN 4108-2 müssen Gebäude so geplant werden, dass sich Räume nicht übermäßig aufheizen – etwa durch ausreichende Speichermasse, Verschattung oder Nachtlüftung. Das Ziel: Kühlenergie vermeiden, bevor sie überhaupt benötigt wird.

Ein weiterer zentraler Bestandteil ist die DIN 4108-7. Sie definiert die Anforderungen an die Luftdichtheit von Gebäuden. Eine undichte Gebäudehülle bedeutet Energieverlust, Zugluft und im schlimmsten Fall Feuchteschäden durch Tauwasser. Der Nachweis erfolgt in der Praxis über eine Luftdichtheitsprüfung (Blower-Door-Test), heute nach DIN EN ISO 9972. Wer diese Prüfung erfolgreich besteht, profitiert sogar doppelt: Einerseits sinken die Wärmeverluste, andererseits erlaubt das GEG einen günstigeren Rechenwert im Energieausweis – die Investition zahlt sich also messbar aus.

Technische Daten und Fakten zur DIN 4108

Die DIN 4108 basiert auf klar definierten klimatischen und bauphysikalischen Randbedingungen. Für den Wärmeschutznachweis werden mittlere Außentemperaturen zwischen –10 °C in Norddeutschland und –16 °C in den Alpenregionen zugrunde gelegt, bei Norm-Innentemperaturen von 20 °C in Wohnräumen und 15 °C in Nebenräumen. Die Wärmeleitfähigkeit der gängigen Dämmstoffe liegt zwischen 0,032 W/mK bei Mineralwolle und etwa 0,12 W/mK bei Porenbeton. Der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) wird nach DIN 4108-4 in Verbindung mit DIN EN ISO 6946 berechnet und berücksichtigt Innen- und Außenübergangswiderstände von 0,13 bzw. 0,04 m²K/W.

Für den Feuchteschutz fordert die DIN 4108-3, dass kein Tauwasser in der Konstruktion verbleiben darf; entscheidend sind hier der sd-Wert und die Diffusionswiderstandszahl μ. Bei Wärmebrücken kann, falls keine Detailberechnung vorliegt, ein Zuschlag von 0,05 W/m²K angesetzt werden – optimierte Anschlüsse nach Beiblatt 2 erlauben sogar 0,02 W/m²K. Die Luftdichtheitsanforderungen nach DIN 4108-7 und DIN EN ISO 9972 sehen bei Gebäuden mit Lüftungsanlage einen maximalen Luftwechsel von 1,5 h¹ vor, ohne Anlage 3,0 h¹ als empfohlene Höchstwerte. Diese präzisen Kennwerte bilden die technische Basis für energieeffiziente Bauplanung und sichern die Vergleichbarkeit energetischer Nachweise.

Wärmebrücken vermeiden – Detailwissen zahlt sich aus

Die Berechnung der U-Werte erfolgt nach DIN 4108-4 und DIN EN ISO 6946. Dabei spielt die Vermeidung von Wärmebrücken eine entscheidende Rolle. Das Beiblatt 2 zur DIN 4108 liefert hierfür konkrete Anschlussdetails, mit denen sich Wärmeverluste und Schimmelrisiken minimieren lassen. Besonders kritisch sind Anschlüsse von Dach, Fensterlaibungen und Bodenplatten – hier entscheidet die Detailplanung über Erfolg oder Mangel.

Das GEG lässt Ausnahmen zu, wenn die vollständige Erfüllung der Anforderungen technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist. Das betrifft vor allem Baudenkmäler oder Konstruktionen mit begrenzten Dämmschichtdicken.

Aber auch hier gilt: Die bestmögliche Lösung muss umgesetzt werden. Energieeffizienz ist kein Alles-oder-nichts-Prinzip, sondern eine Frage des Machbaren und Sinnvollen. Ein gut gedämmtes, luftdichtes und wärmebrückenoptimiertes Gebäude bietet niedrigere Heizkosten, höheren Wohnkomfort und dauerhaften Werterhalt. Studien des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) zeigen, dass fachgerecht geplante Luftdichtheitskonzepte selbst nach 20 Jahren noch wirksam bleiben.

Zudem schützt der verbesserte Wärmeschutz nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit: gleichmäßig warme Oberflächen, keine Schimmelgefahr, keine Zugerscheinungen – und ein angenehmes Raumklima im Sommer wie im Winter.

Fazit: Ohne DIN 4108 keine Wärmewende - die DIN 4108 ist weit mehr als ein Regelwerk für Ingenieure. Sie ist – in Verbindung mit DIN V 18599 ((Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs) - die zentrale Bilanzierungsnorm.das technische Rückgrat der Wärmewende – und verbindet Energieeffizienz mit Behaglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.