Neue Tätigkeitsfelder für Schornsteinfeger – Beispiel Blower-Door-Tests


Ab 2024 dürfen laut dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) keine neuen Gas- und Ölheizungen mehr eingebaut werden, ab 2045 soll Deutschland Klimaneutralität erreichen. Dies betrifft Millionen von Hausbesitzern, aber auch das Schornsteinfegerwesen in gleich mehrfacher Hinsicht: Einerseits werden weniger (hoheitliche) Aufgaben zur Prüfung und Reinigung der sich reduzierenden Feuerstätten nötig, andererseits müssen immer mehr Beratungsleistungen zur Gestaltung der Wärmewende erbracht werden. Das Berufsbild der Schornsteinfeger ändert sich bereits seit vielen Jahren, die Tätigkeit auf dem Dach nimmt dabei nur noch einen Teil der täglichen Aufgaben ein. Längst hat das Notebook und haben komplizierte Messgeräte Einzug in die Arbeit der Schornsteinfeger gehalten, sind Energieberatung, Brandschutz oder andere konzeptionelle und beratende Tätigkeiten stärker in den Fokus gerückt.

In Deutschland gibt es etwa 20.000 Schornsteinfeger, wovon rund 8.000 als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger hoheitliche Aufgaben wie beispielsweise die Feuerstättenschau, Ausstellung beziehungsweise Änderung des Feuerstättenbescheides, das Führen des Kehrbuchs oder Bauabnahmen nach jeweiligem Landesrecht durchführen. Knapp 11.000 dieser Schornsteinfeger haben sich in den vergangenen Jahren weitergebildet und sind als gelistete Energie-Effizienz-Berater befugt, staatlich geförderte Beratungsleistungen für die energetische Sanierung durchzuführen. Gerade diese Leistungen werden im Rahmen der Wärmewende zunehmend gefragt und sind längst für viele Kaminkehrer zu einer lukrativen Einnahmequelle und zum Startpunkt einer Transformation ihres Geschäftsbetriebs geworden. Ein Beispiel für neue Geschäftsfelder der Schornsteinfeger sind die sogenannten Blower Door Tests - Verfahren zur Identifizierung von Lücken in der Luftdichtigkeit von Gebäuden.

Weniger Leckstellen bedeuten weniger Wärmeverluste, was in der Konsequenz zu einem reduzierten Verbrauch an Heizenergie führt. Die Messung der Luftdichtigkeit liefert verlässliche Daten und ermöglicht eine frühzeitige Erkennung von undichten Stellen zum Beispiel während der Bauprozesse. Die Messung der Luftdichtigkeit findet Anwendung in verschiedenen Bereichen: Sie dient zur Überprüfung der Dichtheit von Neu- und Altbauten, zur Aufdeckung von konstruktiven Mängeln, zur Gewährleistung der Qualität der Arbeiten an der luftdichten Schicht und zur Untersuchung von Bauschäden. Eine Messung beim Blower-Door-Test erfolgt in drei Phasen: In der ersten Phase wird ein konstanter Unterdruck von 50 Pascal (Pa) (Wert n50) oder leicht höher erzeugt und aufrechterhalten. Dabei wird die Gebäudehülle auf undichte Stellen untersucht, durch die Luft unerwünscht in das Gebäude hereinströmt. Größere Fehlstellen lassen sich meist mit der Hand erfühlen. Um kleinere Lecks zu finden, benutzt der Fachmann Rauchmaschinen oder Luftgeschwindigkeitsmesser. Genaue Messungen von Lecks sind auch mittels Infrarotkamera möglich.

In der zweiten Phase wird ein Unterdruck aufgebaut, wobei man mit kleinen Drücken (10 bis 30 Pa) beginnt und schrittweise bis auf den Enddruck von 60 bis 100 Pa erhöht. Bei jedem Schritt wird der jeweilige Luftvolumenstrom in Abhängigkeit von dem Gebäudedruck gemessen und protokolliert. In der dritten Phase wird ein Überdruck erzeugt und die Messung wird analog zur Unterdruckmessung wiederholt. Liegt der n50-Wert bei 2,5 h-1 (pro Stunde), wird die Luft unter diesen Druckverhältnissen zweieinhalb Mal in einer Stunde ausgetauscht. Es gilt folgende Grundformel: Je kleiner die Luftaustauschrate ist, desto besser desto besser gedämmt ist das Haus. Abhängig von und Energiekonzept des Gebäudes sollte der Blower-Door-Test folgende Luftaustauschraten nicht überschreiten: 

  •  Altbauten, energetisch saniert und nicht saniert: 4 bis 12 h-1
  • Ältere Bestandsgebäude: 5 bis 12 h-1
  • Neue Bestandsgebäude : 3 bis 7 h-1
  • Niedrigenergiegebäude (mit Lüftungsanlage): 1 bis 2 h-1

Der Aufwand zur Messung beträgt etwa 2 bis 3 Stunden bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von etwa 150 Quadratmetern. Die Kosten belaufen sich auf etwa 300 bis 600 Euro für Objekte dieser Größe. Hersteller wie Testo mit der Modellreihe 425, Ravi, Maple oder Atmos bieten eine umfangreiche Produktpalette für die Durchführung solcher Messungen an. Doch sind Blower Door Tests bei Weitem nicht die einzige Dienstleistung, die Schornsteinfeger ihren Kunden aktuell und zukünftig anbieten. Auch die Wartung und Reinigung von Lüftungsanlagen oder wiederkehrende Prüfungen von Wärmepumpen könnten neue Betätigungsfelder für Schornsteinfeger werden, wenn die Zahl der Kehrbezirke zukünftig zurückgeht und die bisherigen Aufgaben sich weiter reduzieren.

Doch im Bereich der Wärmepumpentechnik möchte sich auch der Heizungsbau einen großen Anteil des wachsenden Marktes sichern. Vor allem die jährliche Wartung oder die Abnahme neu installierter Systeme stehen im Fokus der Installateurbetriebe, die sich dieses Geschäft nicht aus der Hand nehmen lassen wollen. Wenngleich die Überprüfung von "konventionellen" Heizungsanlagen mit Öl- oder Gasverbrennung noch einige Jahre andauern wird, so steigt doch der Druck auf die Schornsteinfeger, neue Geschäftsfelder zu erschließen oder in den bestehenden Bereichen effizienter und wenn möglich digitaler zu werden.